Klatsche für die Verwaltung: Fraktionen votieren nachdrücklich dafür, die Ratssitzungen auch künftig filmen zu lassen
Von Britta Lübbers
Das hatte sich die Verwaltung wohl anders vorgestellt: Ihr Vorschlag, das Filmen von Ratssitzungen einzustellen, fiel durch. Geschlossen erteilten die Fraktionen auf der Sitzung am Dienstagabend im Hof von Oldenburg dem Ansinnen eine Absage.
Im Dezember 2022 hatte die Politik entschieden, öffentliche Ratssitzungen in Rastede filmen zu lassen und die Aufnahmen eine Woche lang zur Verfügung zu stellen. Dem war ein langer Diskussionsprozess vorausgegangenen, zu Beginn hatte es durchaus Vorbehalte gegen diese Art der Öffentlichkeit gegeben. Doch inzwischen ist es Standard, dass die Sitzungen von einem Team des Regionalsenders „oldenburg eins“ begleitet werden. Die Resonanz aber, so meint jedenfalls die Verwaltung, sei gering. Die Auswertung des Live-Streamings habe nur wenige Zuschauerinnen und Zuschauer ermittelt, heißt es in der Vorlage. Bei YouTube würden im Durchschnitt ca. 400 Aufrufe gezählt. „Gemessen an der Einwohnerzahl der ab 16-Jährigen entspricht dies einer Quote von 2,06 Prozent. Die durchschnittliche Wiedergabedauer beträgt unter neun Minuten.“ Somit sei das Live-Streaming kein Erfolg. Die Erfahrung habe gezeigt, dass interessierte Einwohnerinnen und Einwohner die Sitzungen lieber direkt vor Ort verfolgten, zumal sie dann die Möglichkeit hätten, ihre Anliegen vorzutragen. Außerdem schränke das Streaming die Ortswahl ein, weil nicht überall die technischen Möglichkeiten für eine Übertragung gegeben seien. Sollte man das Streamen aufgeben, könnten Ratssitzungen z.B. wieder im Dorfkrug Hankhausen oder im Dorfgemeinschaftshaus Bekhausen stattfinden. Die Kostenersparnis läge bei 2500 Euro im Jahr.
Niedrigschwelliges Angebot
Die Bewertung der Ratsmitglieder jedoch ging in die gegenteilige Richtung. „500 Klicks auf YouTube geben uns Recht“, erklärte Evelyn Fisbeck (FDP), deren Fraktion sich schon früh und hartnäckig für Filmaufnahmen im Rat eingesetzt hatte. Das Streamen sei eine zeitgemäße Form der Bürgerinformation, die es unbedingt beizubehalten gelte.
Monika Sager-Gertje (SPD) warnte davor, gerade jetzt, da sich Bürgerinnen und Bürger von der Politik abwendeten, ein derart transparentes Format einzustellen. Die 2500-Euro-Einsparung nannte sie „eine überschaubare Summe in Anbetracht dessen, was wir sonst so ausgeben“.
Politik lebe von Vertrauen, und Vertrauen lebe von Transparenz, betonte Sabine Eyting (Grüne). Der Live-Stream sei ein niedrigschwelliges Angebot und eröffne auch jenen die Möglichkeit, einer Ratssitzung zu folgen, die sonst außen vor bleiben müssten, zum Beispiel, weil es keine ÖPNV-Anbindung an den Sitzungsort gibt. „400 Aufrufe sind mehr, als wir an Bürgern hier haben“, fügte sie hinzu. „Sollte das Ziel sein, kritischen Stimmen weniger Reichweite zu geben, machen wir das nicht mit.“ Sie sprach sich dafür aus, die Aufnahmen nicht nur eine Woche, sondern bis zur jeweils nächsten Ratssitzung zu speichern.
Über Verbesserungen reden
„Die Evaluation ist ohne unsere Einbindung erfolgt. Das wirft die Frage auf: Warum wurde der Rat nicht frühzeitig beteiligt?“, wunderte sich Alexander von Essen (CDU). Statt das Format abzuschalten, sollte man über Verbesserungen reden. So könnten etwa Marker in den Aufzeichnungen direkt zu bestimmten Themen führen. Auch könnte die Verwaltung das Angebot bewerben. Von Essen ist ebenfalls für eine längere Abrufbarkeit im Netz und plädierte zudem dafür, die Film-Aufnahmen auf die Fachausschüsse auszuweiten.
Das Streamen sei ein tolles Instrument, meinte Jens Brünink (UWG). Es einzustellen, sei das falsche Signal. „Wir sollten uns stattdessen überlegen, was wir tun können, um es zu supporten.“
Er sei irritiert, dass die Verwaltung „ohne Not“ eine positive Errungenschaft in Frage stelle, erklärte Timo Merten (UWG/Merten) und dankte dem Sender „oeins“ dafür, dass er das Streamen ermögliche.