Ende 2022 hatte der Gemeinderat den Grundstückspreis für den 3. Bauabschnitt im Göhlen auf die Rekordsumme von 315 Euro je Quadratmeter festgelegt. Der Preis schien alternativlos. Jetzt geht es plötzlich günstiger.
Von Britta Lübbers
Wer dabei gewesen ist, wird sich noch gut an die turbulente Ratssitzung im Dezember 2022 erinnern. Zur Abstimmung standen u.a. die Verkaufspreise für Wohnbaugrundstücke im Baugebiet Göhlen: Wer hier im 3. Abschnitt bauen wollte, sollte 315 Euro je Quadratmeter zahlen – ein Rekordpreis. Die Verwaltung berief sich dabei auf den vom Gutachterausschuss beim zuständigen Landesamt ermittelten Verkehrswert. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, dürfe der nicht unterschritten werden. Das sah die CDU anders. Das Gutachten sei nicht unantastbar, in gut begründeten Fällen könne man vom Verkehrswert abweichen, erklärte Alexander von Essen. In vier geheimen Wahlgängen wurde ab- und schließlich mehrheitlich dem Superpreis zugestimmt.
Gutachten doch nicht bindend
Allerdings musste die Verwaltung die im Sommer 2023 gestartete Grundstücksvermarktung schnell wieder stoppen, weil eine Erschließungsstraße nicht gebaut worden war. Die Panne ist inzwischen behoben, die Verkaufspreise standen jetzt erneut auf der Tagesordnung im Finanzausschuss, der gestern tagte. Hintergrund ist laut Verwaltung ein CDU-Antrag von Anfang 2024, der die beschleunigte Vermarktung und eine Verkaufspreissenkung im Göhlen vorschlägt (und der auch angenommen wurde). Man habe die Bauabschnitte noch einmal genauer betrachtet und zudem den Gutachterausschuss erneut konsultiert, berichtete Geschäftsbereichsleiter Stefan Unnewehr. Dabei sei festgestellt worden, dass sich die textliche Festsetzung für den 3. Bauabschnitt expliziert auf Stadtvillen bezieht, für die zwei Vollgeschosse vorgeschrieben sind. Zweigeschossige Gebäude werden aber auch im 4. Bauabschnitt vermarktet, hier jedoch zu 275 Euro je Quadratmeter. Das sei nicht zu vermitteln, erklärte Unnewehr. Er empfahl, den Quadratmeterpreis für zwei Vollgeschosse im 3. Abschnitt ebenfalls auf 275 Euro festzusetzen und die Vermarktung zeitgleich abzuwickeln. Der Preis für eingeschossige Bauten soll 225 Euro je Quadratmeter betragen. Insgesamt werden 33 Grundstücke für den Bau von Einzel- und Doppelhäusern angeboten.
Auch schlug die Verwaltung vor, die Förderrichtlinie für klimagerechtes Bauen auszusetzen, da sie ohnehin kaum nachgefragt werde. Die Möglichkeit des Erbbaurechts soll beibehalten werden, wobei der Zinssatz 1,5 Prozent beträgt und erstmals nach zehn Jahren erhöht werden kann. Berechtigt sind Interessenten, deren Einkünfte 100.000 Euro nicht übersteigen.
Preise immer noch ambitioniert
„Der 3. Bauabschnitt wurde nicht aufgrund des CDU-Antrags zurückgestellt, sondern weil er nicht fertig war“, nahm Monika Sager-Gertje (SPD) Bezug auf die Zeitschiene. Grundsätzlich begrüße sie den Beschlussvorschlag, fügte sie hinzu.
„Die Preise waren überzogen und falsch. Und auch wenn wir sie reduzieren, sind sie immer noch sehr ambitioniert“, erklärte Hendrik Lehners (CDU).
Carsten Helms (FDP) stellte den Antrag, die Gewährung des Erbbaurechts zu streichen. „In Zeiten sinkender Zinsen brauchen wir das nicht.“ Doch der Ausschuss stimmte dagegen.
Er sei erstaunt, dass das Fachgutachten nun doch nicht verpflichtend sei, sagte Dirk Bakenhus (UWG/Merten). „Die Informationen kommen viel zu spät. Ich hätte das in einer anderen Form erwartet.“
„Ich bin erschrocken“, stellte Jan Hoffmann (Grüne) fest. „Dass ein Gutachten, das bindend hätte sein sollen, jetzt kassiert wird, ist bemerkenswert.“ Hoffmann monierte auch den vorgeschlagenen Verzicht auf den Zuschuss für klimagerechtes Bauen. „Warum gehen wir keinen ambitionierteren Weg bezüglich unserer eigenen Ziele?“, fragt er mit Blick auf das integrierte Klimaschutzkonzept. Auch die zu erwartenden Mindereinahmen thematisierte er. „Mit einer Vorlaufzeit von nur einer Woche treffen wir an einem einzigen Nachmittag eine Entscheidung, die uns eine Million Euro kostet.“
„Diese Ausführungen gehen an der Realität vorbei“, entgegnete Thorsten Bohmann (CDU). „Auch mit Preissenkung befinden wir uns im oberen Regal.“
Die Gemeinde sei kein Grundstücksspekulant, meinte auch Wilhelm Janßen (SPD). „Uns geht es nicht darum, möglichst hohe Preise zu erzielen.“
Jan Hoffmann stimmte gegen den Beschlussvorschlag, die anderen Fraktionen waren dafür.